Ist das Online-Geschäftsmodell für Werkstattservices gescheitert?

Wolfgang Vogl
15. Oktober 2019

Online-Plattform-Stategien

Ende letzten Jahres stellte das Werkstattportal Drivelog seinen Betrieb ein. Nach dem Verkauf der ehemaligen Bosch-Marke versucht es Drivelog.de jetzt ein zweites Mal und ist seit kurzem wieder online. Die verbleibenden Werkstattportale treten auch auf der Stelle. Die Branchenzeitschrift kfz-betrieb stellt gar die Frage: „Gibt es für Werkstattportale überhaupt ein funktionierendes Geschäftsmodell?“

Kostspieliger Zugang zum Kunden
Wie bei allen Märkten gilt auch hier: Erst der Käufer, dann der Verkauf. Oder etwas digitaler: Erst der Traffic, dann die Transaktion! Ohne Besucher auf der Webseite gibt es auch keine Aufträge für Werkstattleistungen. Nun ist es heute eine Wissenschaft für sich, eine neue Internetseite bekannt zu machen. Einfach online stellen und warten, bis jemand vorbeikommt, funktioniert nicht. „70 Prozent der Autofahrer kennen kein einziges der einschlägigen Online-Werkstattportale”, ist das Ergebnis der Trend-Tacho-Studie der kfz-betrieb.

Doch die regelmäßige Gewinnung von Neukunden über bezahlte Online-Anzeigen wird immer kostspieliger. Die bekannten Plattformen wie Google oder Facebook lassen sich den Zugang zum Kunden teuer bezahlen.

In letzter Konsequenz werden Werbeplätze nach einer Börsensystematik an den Meistbietenden versteigert. Zudem werden die Anzeigenplätze immer weniger. Bei einer Google-Suche am Schreibtischmonitor sind noch rund 10 Ergebnisse auf der ersten Seite sichtbar, am Smartphone sind es fünf und Alexa wird über die Spracheingabe gar nur einen Kaufvorschlag machen. Das heißt, es wird immer schwieriger und teurer, überhaupt in den Fokus des Kunden zu gelangen.

Das Angebot macht den Traffic
Gibt es Alternativen? Eine alte Kaufmannsregel sagt: Die beste Werbung ist immer noch ein hervorragendes Produkt. Das Angebot muss attraktiv sein. Oder genauer gesagt: „Ein“ Angebot muss attraktiv sein. Erfolgreiche Plattform-Strategien zielen auf zunächst eine sogenannte Schlüsselinteraktion, die so attraktiv ist, dass sie die Besucher immer wieder auf die Internetseite lockt. Zum Beispiel hat die Website wetter.de pro Monat rund 20 Millionen Zugriffe! Damit lässt sich sicherlich ein gutes Geschäftsmodell aufbauen.

Wichtig ist auch, dass die ersten Angebote von Produkten oder Services komplett unter der Kontrolle des Plattform-Betreibers stehen. Nur so ist ein zügiger Aufbau der Plattform zu einer marktrelevanten Größe möglich. Amazon zum Beispiel hat zunächst nur mit dem Verkauf von Büchern begonnen. Ein einfaches Produkt, die Qualität ist bekannt und Buchleser kommen immer wieder und werden zu Stammkunden. Werkstattportale beginnen dagegen meist mit komplexen Werkstattleistungen. Für diese müssen auch noch in einem langwierigen Akquise-Prozess Kfz-Betriebe als Reparaturpartner gewonnen werden. Kein optimaler Start für eine schnelle Skalierung des Geschäftsmodells.

Seitenbesucher regelmäßig zurückholen
Was könnte die Schlüsselinteraktion, dieses zentrale „Lockangebot“, für Werkstattportale sein? Wobei mit dem „Lockangebot“ selbst noch kein Geld verdient werden muss. Google verdient mit der Schlüsselinteraktion Suche kein Geld, Facebook mit dem Teilen von Nachrichten auch nicht. Aber beide Angebote bringen den Besucher regelmäßig auf die Plattform zurück. Sind es für Werkstattportale vielleicht aktuelle Staumeldungen, Benzinpreise oder eine Parkplatzsuche? Oder führt der Weg doch zunächst über ein attraktives und preislich interessantes Kfz-Ersatzteile-Angebot? Immerhin gibt es heute schon Autoteile-Shops mit mehr als 100 Millionen Euro Umsatz pro Jahr und dadurch entsprechendes Kundenpotential.

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